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Brasilien: Wenn der Kopf sagt bleib und das Herz schreit geh

Vor fast zwei Jahren bereiste ich für drei Monate meine brasilianische Heimat und erlebte dort auch den 4. Stern unserer Fußballnationalmannschaft. Jetzt, wo die Tage noch kurz, meist nass und grau sind, entwickelt sich dann doch eine gewisse Sehnsucht nach Sonne, Wärme und der Freiheit, die ich in den Monaten so sehr genoss. Der Gedanke daran, nicht schon bald wieder im Flieger zu sitzen und den Weg in ein Land voller großer und kleiner Wunder zu reisen, lässt mich meine Aufmerksamkeit auf die Arbeit und unser neues Heim richten. Das kalt-nasse Osterwetter, tut sein Übriges – und je fieser das Wetter, umso mehr wächst der Wunsch, nach Brasilien zurückzukehren.

Das Herz schreit, geh – sonst verpasst du den Moment und bleibst hier steh´n.

Grund genug, sich mal darüber Gedanken zu machen, was dieses Land so faszinierend macht.

Probiert mal Pão de Queijo!

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Die Feijoada ist Brasiliens Nationalgericht und wurde als Arme-Leute-Essen im ganzen Land bekannt. Doch wer den berühmten Bohneneintopf mit Schweinsohren und Ochenfüßen nicht mag (ich gehöre definitiv dazu 😉 ) und darüber hinaus eine Vorliebe für Käse hat, sollte mal Pão de Queijo (Käsebrot) probieren. Diese brasilianischen Käsebällchen (so nenne ich sie unter Deutsche), werden mit feinem Maniokmehl (auch Tapiokamehl genannt), etwas Butter, Wasser oder Milch, zwei Eiern und jede Menge geriebenen Käse gemacht. Ihr könnt sie so ganz leicht selbst machen:

500 g Maniokmehl (gibt es in 400 g Beuteln im Asiamarkt)
10 g Salz (bzw. 20 % der Mehlmenge)
100 g Butter (geschmacksneutrales Öl (z. B. Raps) geht auch)
100 ml Wasser oder Milch
2 Eier
500 g geriebener Käse (ich bevorzuge in Deutschland Gouda)

Zubereitung: In einem Topf Milch/Wasser, Butter, Salz durch erhitzen aufwärmen, bis die Butter geschmolzen ist. Danach über das Mehl verteilen und Flüssigkeit mit den Fingern sehr gut verkneten. Anschließend kommen die zwei Eier hinzu – auch die gut verkneten. Jetzt durch Zugabe von mehr Wasser/Milch einen Teig kneten, der weder zu flüssig, noch zu bröckelig ist – er muss sich schön kneten können. Dann kommt der Käse drüber und wird nochmal sehr gut verknetet. Zum Schluss werden tischtennisballgroße Kugeln geformt und in den vorgeheizten Ofen bei 190 Grad Umluft für ca. 13 Minuten gebacken. Die Käsebällchen dürfen dabei ruhig weiß bleiben. Wenn sie innen fluffig sind und außen eine leichte Kruste haben, sind sie perfekt! 

Hast Du eher Lust auf was Süßes?
Auf meiner Brasilienreise stieß ich in Rio de Janeiro in der Favela Babilônia auf eine Brasilianerin, die mir diesen leckeren Bananenpfannkuchen gezeigt hat, der super zu den vielen Früchten passt, die Brasilien zu bieten hat.

Der brasilianische Fußball

Als ich während der WM 2014 durch Brasilien reiste, erlebte ich die Emotionen hautnah, die durch die Spiele bei den Brasilianerinnen und Brasilianern hoch kam. Denkwürdig war natürlich das Spiel, als Brasilien gegen Deutschland spielte und ich möchte erklären wieso.An diesem Tag war ich in Cuiabá, eine Stadt am Rande des weltgrößten Sumpfgebietes, das Pantanal. Ich besuchte dort meinen Patenonkel und seine Familie und an jenem Tag waren wir auf einer Party eingeladen. Kurz nachdem das Spiel begann, trafen wir ein und es stand bereits 0:1 für Deutschland. Den Rest kennt Ihr. Nach dem 5. Tor in Folge hatte ich Tränen in den Augen – ich war fassungslos. Fassungslos über die stolzen Brasilianer, dessen Spiel nun genau das widerzuspiegeln scheint, was sich politisch in diesem Land abspielt. Deutschland hat verdient gewonnen und anstatt dass unsere Gastgeber traurig ob des verlorenen Spiels war, spielten sie Musik und freuten sich für mich. Für Brasilien war es mehr als nur ein Spiel. Dieses Spiel bestätigten vielen Brasilianern, dass die Schönheiten gezeigt und die Hässlichkeiten verleugnet werden. Letzendes brach den Brasilianern der naive Gedanke der Unverwundbarkeit das Genick – und zeigte kurz, dass nicht alles perfekt läuft in diesem wundervollen Land.

Die endlosen Strände

Wer in den Norden Brasiliens reist, erlebt dort Strände in endloser Weite. Natürlich gibt es auch anderswo schöne Strände genug, doch die allerschönsten und einsamsten findet man hier. Von Bahia hörte ich nur Gutes, in Maceió war ich viele Wochen und auch Recife bietet für Europäer Strände, die man sonst nicht in der Form in der Heimat findet. Gänzlich umgehauen hat mich dann ein einwöchiger Spontanausflug nach Pipa. Der Surfspot bietet gleich mehrere Buchten und ist nur 80 km vom Touristenort Natal entfernt. Liebhaber des Wellenreitens finden hier ein hübsches Dörfchen mit unzähligen Hostels und kleinen Hotels wieder. Doch nicht das Dorf und nicht das Backpackertum war atemberaubend, sondern die Strände. Einer davon heißt „Praia de golfinhos“ (Delfinstrand), wo mir etwas unglaubliches passierte. Als ich ins Wasser ging, um mich abzukühlen, blickten rechts von mir plötzlich zwei Finnen aus dem Wasser. Ich wusste zwar, dass es Delfine dort gibt, doch durchzog mich trotzdem ein kurzer Schreck. Sie schwammen gar nicht so weit von mir und ich schwamm langsam auf sie zu, bis sie wieder ins Meer hinausschwammen. Ein unbeschreibliches Gefühl!

In Pipa war es auch, wo ich einen lang gehegten Traum von mir erfüllte, einmal im Leben über einen Strand zu reiten.

Die portugiesische Sprache

Brasilien ist das einzige Land Südamerikas in dem Portugiesisch gesprochen wird, da es vom spanischen König einst Portugal geschenkt wurde, um einen Krieg zwischen den beiden Ländern zu vermeiden. Wenn man als Deutsche die Sprache zum ersten Mal hört, klingt sie oft slavisch, wie man mir sagte. Mir selbst ist das nie aufgefallen, da sie mir quasi in die Wiege gelegt wurde – ich sie später dennoch wiedererlernen musste.

Das Portugiesische ist für Anfänger oft schwierig auszusprechen, weswegen sich viele Anfangs oft schwer tun. Vokabeln kann man lernen, doch gerade die Aussprache verleiht dem Wort und dem Satz erst den korrekten Sinn. Für einen Deutschen häufig falsch ausgedrückt ist das nasale „ão“. So wird beispielsweise oft von São Paulo, gesprochen mit einem sehr scharfem „S“ und einem aus dem Gaumen und der Nase kommendem „ão“ ein Sau Paulo. In diesem Fall versteht der Brasilianer trotz allem noch den Sinn – anders, wenn aus dem Pão ein Pau wird: Denn dann wir ein Brot zum Knüppel gemacht, was in der Bäckerei schnell zu einem Gelächter führen kann – dem deutschen Touristen zum Leid.

Zugleich ist das Portugiesisch eine sehr lautmalerische Sprache, so ist der Kolibri ein „Blumenküsser“ und ein trägerloses Oberteil ein „tomara-que-caia“, also ein Teil, das hoffentlich fällt. Wer der Sprache etwas mehr mächtig wird, lernt mehr und mehr, dass die Brasilianer es lieben, mit der Sprache zu spielen. Es ist eine sehr verbbezogene Sprache, die, je nach Veränderung des Verbes, die Bedeutung des Satzes auf oftmals ironische Weise zur Belustigung verändern kann. Beispielsweise kann ein Verb sowohl verniedlicht (bei uns das „chen“) als auch vergrößert werden – wofür es im Deutschen keine nahtlose Übersetzung gibt. Eins meiner Lieblingswörter ist das abgewandelte „pouco“ (wenig). Wenn es heißt „um poucinho“ bedeutet es „ein bisschen / ein klein wenig“. Nun gibt es aber auch das Gegenteil – und wenn ich besonders großen Hunger habe, es aber nicht allen am Tisch zeigen möchte, bestelle ich beim Kellner (natürlich mit ironischem Unterton) „um poucão de batatas“ – also quasi, ein „großes bisschen Kartoffeln“.

Wer übrigens wie ein richtiger Brasilianer sprechen möchte, bestellt nicht unbedingt Cerveja (Bier), sondern ein Chopp (ausgesprochen Schoppi). Das ist die Marke eines der berühmtesten Bierherstellers Brasiliens und sowas wie die Cola oder das Tempo bei uns.

Wenn Du wissen willst, wie man eine Fremdsprache spielerisch erlernt, habe ich hier neun Tipps zum Erlernen einer Fremdsprache für dich – alle aus eigener Erfahrung entstanden.

Die Kriminalität

Ich bin ein sehr vorsichtiger Mensch und gehe möglichen Risiken lieber aus dem Weg, als mich ihnen auszusetzen. Dennoch muss ich eins sagen: Ich habe mich bisher immer wohl gefühlt, wenn ich in Brasilien unterwegs war. Und ich war schon an einigen gefährlichen Orten dort:

Zwei November 2012 und im Mai/Juni 2014 lebte ich über mehrere Wochen in einer der gefährlichsten Städte der Welt. Maceió. Hier wird statistisch alle paar Stunden ein Mensch umgebracht und auch Drogenprobleme sind überdurchschnittlich hoch – selbst für Brasilien. Nun war es nicht so, dass ich unbedingt aus dem Leben scheiden wollte und auch sonst hatte ich nicht das geringste Verlangen danach, verletzt, ausgeraubt oder entführt zu werden. Der Grund meines Aufenthaltes dort, war die Lage meiner Sprachschule mit der Kombination, dass die Stadt direkt an einem herrlichen Strand lag, den ich oft in den Pausen besuchte.

Rio de Janeiro: Es wimmelt von Favelas, den brasilianischen Ghettos mit ihren Banden, Drogen- und Waffenhändlern. 30 von 100 Cariocas (Rios Einwohnern) leben hier. Wenn ich früher mit meinen Eltern in Brasilien war, waren wir nie in die Favelas von São Paulo reingefahren, es war immer sehr gefährlich. Als ich 2013 einen Bericht im ZDF über die Favelas in Rio sah und wie sie durch die erhöhte Polizeigewalt immer sicherer wurden, war mein Wunsch geboren, einmal eine Favela zu besuchen. Zwei konnte ich sehen: die Favela Rocinha und in die Favela Babilônia – in der ich sogar übernachtete.

Um sich einigermaßen sicher in Brasilien zu bewegen, helfen ein paar dieser Punkte:

  • Gehe nie ohne Geld raus, nimm immer etwas mit
  • Nimm nie das erste Angebot an, häufig sind das Betrüger. Erkundige dich immer an offiziellen Schaltern (z. B. bei Taxis oder Shuttels)
  • Trage keinen Schmuck und keine Uhr.
  • Lass die teure Kamera Zuhause und nimm höchstens eine mit, auf die du notfalls verzichten kannst. Mache immer Backups der Bilder, für den Fall.
  • Steige nur in Taxis mit Taxometer – und wenn keins greifbar ist, verhandle vorher den Fahrpreis.
  • Kleide dich wie die Brasilianer, die um dich herum sind.
  • Lerne ein paar Wörter Portugiesisch.
  • Und das Allerwichtigste: Vertraue den Menschen!

Der letzte Punkt sollte wirklich jedem ins Blut übergehen, der Brasilien besuchen möchte. Denn wo Misstrauen gesät wird, erntet man Misstrauen – genauso verhält es sich mit Vertrauen.

Der Kopf einer Deutschen, das Herz einer Brasilianerin

Auf eins muss sich ein Europäer stark einstellen: Körperkontakt. Immer und überall. Von Bekannten wie von Fremden. Die Brasilianer_innen berühren sich gerne, sie drücken sich, während der Gespräche rücken sie näher, legen die Hand gegenseitig auf den Arm und wenn sie tanzen, küssen sie sich oftmals spontan. Auch die Begrüßung geht nicht ohne Kuss rechts, links (und manchmal wieder rechts, je nach Region) ab. Die Einstellung ist dem der Deutschen faszinierend und irgendwie auch fern: Während sie die Gegenwart mit allen Sinnen und Unsinnen leben, planen Deutsche ihre Zukunft mehr.

Brasilien ist Paradies und auch wieder nicht. Und im Herzen hat es bei mir immer einen besonderen Platz.

 

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