Premiumweg Kirkeler Tafeltour: zwei Wanderungen mit Hürden

Der schmale Pfad um die Felsen herum knirscht unter meinen Füßen: die frostigen Temperaturen haben den Schnee zu Eis werden lassen – kein leichtes Gehvergnügen. Vorsichtig setze ich einen Schritt nach den nächsten, immer den Abgrund rechts neben mir im Blick. Doch dann: ein Fehltritt. Mein linker Fuß rutscht weg, ich kann mich nicht mehr halten und falle. Der Schmerz im Ellenbogen setzt unverzüglich ein und mein Gehirn meldet: „bitte nicht wieder brechen“. Dem Abgrund entkommen setze ich vorsichtig mein linkes Knie auf, dann den rechten Fuß und drücke mich langsam hoch, um dann vorsichtig weiter einen Schritt nach den nächsten zu setzen.

Los geht´s: auf zur Winterwanderung der Kirkeler Tafeltour

Jener Felsenwegrundgang vom 20. Januar 2017 ist mir noch gut in Erinnerung, als ich mich heute ein zweites Mal nach Kirkel mache, diesmal, um die gesamte Tafeltour zu wandern. Eine arbeitsreiche Woche liegt hinter mir und ich kann die Vorfreude kaum beschreiben, als ich nach 4-stündiger Besprechung auf dem Wanderparkplatz ankomme, meine Wanderschuhe schnüre und los laufe. Warum ich ein zweites Mal da bin, lässt sich leicht erklären: ich hatte mich schier beim ersten Mal auf die Beschilderung verlassen und bin versehentlich nur ein Teil der Tafeltour gewandert. Die komplette Tour wird daher heute nachgeholt – diesmal besser vorbereitet mit den GPS Daten auf dem Smartphone.

Ich entscheide mich an der Wegkreuzung, mit dem Uhrzeigersinn zu laufen, schon allein weil es die App empfiehlt und auch, um den Felsenweg anders als beim ersten Mal zu erleben. Modriger Waldduft steigt mir in die Nase, ein Überbleibsel aus den Regentagen und dem Schneeschmelz Tage zuvor. Etwas Seltsames geschieht in diesem Augenblick mit mir, etwas, was schwer zu beschreiben ist und mich mit einer Wucht vollumfänglich und wohltuend umhüllt: Die vor mir auftauchende Felsen, die so charakteristisch für diesen Wanderweg sind, wirken in diesem Augenblick so klar und von ungewöhnlicher Schönheit vor mir. Mein Puls senkt sich und in mir macht sich eine Stille breit, die mein Bewusstsein schärfen und mich über den gesamten Weg begleiten wird.

Auf dem Felsenpfad mit bizarren Farben und sanften Wellen

Der Uhrzeiger hat die 15 Uhr bereits passiert und bietet somit den idealen Stand für die Wintersonne: etwas tief hängt sie über den Felsenpfad und schimmert märchenhaft über die großen Steine. Ich gehe näher an die mit glitzernden Tropfen übersäten Felsen, die in rot-braunen und grüne Farben in der Sonne leuchten. Sie fühlen sich kalt an und meine Fingerspitzen gleiten entlang an den von der Natur erschaffenen Wellen. Das Gefühl unter diesen bizarren Bundsandsteinbänke lässt sich mit einem Wort gut beschreiben: ich fühle mich zerbrechlich. Fasziniert von ihrer Schönheit halte ich mich länger auf als geplant und lasse mich vom Anblick verzaubern. Wie sich wohl die Tropfen auf ihnen bilden? Ich kann es mir nicht erklären.

Vom lehrreichen Waldklassenzimmer zur keltischen Stätte

Der Felsenpfad bietet einige solcher Stellen, die mich staunen lassen und bei denen eine kindliche Freude hoch steigt – jenes Kribbeln im Bauch, das sich einstellt, wenn etwas Neues und Aufregendes in dein Leben tritt. Ich verlasse den Felsenpfad nach ein paar Kilometern wieder und lasse mich von der Wegbeschreibung auf dem Handy in Richtung Waldklassenzimmer leiten. An jenem Waldlehrpfad wurde imposantes Gestein am Wegrand verteilt und klärt mit Schildern über ihre Beschaffenheit und ihren Ursprung auf. Für Hobby-Geologen eine wunderbare Weise, mehr über die saarländische Region rund um Blieskastel zu erfahren. Über schmalen Pfaden eröffnet sich am Ende des Lehrpfades ein größerer Platz, in dessen Mitte ein Brunnen beruhigend vor sich hin plätschert. Ich wünschte, ich könnte in die Vergangenheit blicken und sehen, was dieser Ort am Frauenbrunnen selbst schon alles gesehen hat als er noch Kultstätte der Kelten war. Ob hier mystische Feste stattfanden? Oder gar Opfer gebracht wurden? Meine Fantasie reist in dunkle, kalte Nächte, lässt Fackel tanzen und gotische Musik erklingen.

Auf weichen Pfaden zu verwunschenen Ecken

Auffällig positiv auf dieser Wanderung ist, dass ich so gut wie nie auf befestigten Wegen gehe. Schmal schlängeln sich die Pfade auf der Tafeltour im Wald, nur selten passiere ich mal einen etwas breiteren Weg, um dann gleich weiter auf die nächste Waldspur geleitet zu werden. Ich finde helle Freude daran, auch wenn es durch die Feuchtigkeit und großem Wurzelgeflecht hier und da auch mal knifflig wird. Trailrunner kommen mir gelegentlich entgegen und ich frage mich, wie sie diese Passagen ohne Risiko des Umknickens meistern. Aber sie schaffen es – genauso wie ich auch.

Ein wundersamer Ort mit wundersamen Farben

Auf etwas mehr als der halben Wanderstrecke wird es um mich plötzlich grün und schwarz: rechts und links des dunklen Weges liegt ein weicher Moosteppich, der sich um die Nadelbäume legt. Das gewellte, sanfte Grün hebt sich vom Pfad ab, was die Schönheit aller Elemente in diesem Bild unterstreicht und dem Weg etwas Mystisches verleiht.

Wo ist er nur, der rechte Weg?

Beseelt von diesem Anblick laufe ich blindlings der Beschilderung nach, die mich mal wieder nicht dort hin führt, wohin es gehen sollte. Ich frage mich, ob das nur mir passiert oder sind die Schilder wirklich schwer zu interpretieren? Wieder zurück an der Kreuzung, freue ich mich umso mehr über die richtige Strecke: eine verträumte Brücke leitet mich am Hutschucker Kupp entlang und parallel zum befestigten Weg, der weiter unterhalb entlang führt. Die Sonne hängt mittlerweile tief und leutet mit ihren warmen Strahlen den von Laub verdeckten Weg sanft an. Ein wenig Eile ist geboten, schließlich möchte ich ungern ins Dunkle kommen und schon gar nicht ohne Taschenlampe. Meine Schritte werden schneller, doch nicht ohne diese wunderbare, feuchte Waldluft zu schmecken und einzuatmen.

Der Kirkeler Felsenpfad – zwei Wochen zuvor

Ich bemerke weiter hinten am Fels, ein paar übriggebliebene Eiszapfen aus frostigeren Tagen. So auch von vor zwei Wochen, als ich versehentlich nur den Felsenpfad gegangen bin anstatt die komplette Tafeltour. Doch wo auf der einen Seite „Leid“ ist auf der anderen Freud: eine meterlange Felswand entpuppte sich damals als ideale Stelle für die Entstehung riesiger Eiszapfen. Als wären sie lebendig, tropften sie an jenem Tag gemächlich in der winterlichen Sonne dahin, vergänglich und wunderschön glitzernd zugleich. Heute ist kaum mehr etwas von ihnen übrig und ich bin froh, diese außergewöhnlichen Eiskristallen von allen Seiten aus fotografiert zu haben. Eine wunderbare und einzigartige Erinnerung <3

Für wen ist die Kirkeler Tafeltour geeignet?

Sowohl der Felsenpfad als auch die Tafeltour sind Wanderwege unter 10 km, nicht sonderlich schwer und daher für einen kleinen Spaziergang als auch für eine Vor- oder Nachmittagstour wunderbar geeignet. Hier lässt sich der Kopf abschalten, die Natur genießen und nebenbei geografische und kulturhistorische Dinge lernen. Es gibt an der Tour kaum etwas auszusetzen, außer einem: bei Eis würde ich sie nicht mehr gehen. Und wenn ich etwas verbessern würde, dann hauptsächlich die Beschilderung 😉

Übrigens: Meinem Ellenbogen ging es nach dem Sturz kurz darauf wieder besser, nur eine leichte Schürfwunde erinnerte mich noch ein paar Tage an den Unfall. Glück gehabt 🙂

Wanderkarte Kirkeler Felsenpfad

Wanderkarte Kirkeler Tafeltour