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Die Bodenseewanderin: Mit dem Blindenstock um Deutschlands größten See

Tina ist bereits einmal um den Bodensee gewandert – und wird es wieder tun. 270 km klingen vielleicht nicht spektakulär? Wenn man sie mit einem Blindenstock wandert, dann wohl schon eher! Und Tina wandert nicht nur für ihr Leben gern, sie bloggt und fotografiert mindestens genauso leidenschaftlich. Wie Tina auf die Idee zur Bodenseeumrundung kam, wie sie sich vorbereitet und sie umgesetzt hat – und warum sie den Bodensee nochmal umrunden möchte, erzählt sie uns in der ersten Ausgabe der Artikelserie Abenteuer & Geschichten.

Worum geht es bei Abenteuer & Geschichten?
Mit Abenteuer & Geschichten lernen wir Monat für Monat ganz besondere Menschen und ihre Reise- und Outdoor-Projekte kennen. Eine Übersicht für die kommenden Monate findest Du hier.

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In ihrem Blog Tunnelblick Tina schreibt sie über sich:

“Sobald ich unterwegs bin, falle ich jedesmal auf. Ich pendle laufend mit meinem weißen Blindenstock durch die Gegend herum. […] Wegen meiner unheilbaren Augenerkrankung, namens Retinitis Pigmentosa, benutze ich meinen Blindenstock, um laufend den Boden zu ertasten. Ausserdem ist es für mich und meinen Mitmenschen sehr nützlich, nämlich zu erkennen, dass ich nicht alles sehen kann. Jedoch wegen meiner Schwerhörigkeit bin ich zusätzlich eingeschränkt und trage zwei Hörgeräte. Somit nennt man meine Doppel Sinnes Erkrankung Usher – Syndrom Typ 2. […]” Quelle: Über mich (auf Tunnelblick Tina)

Nun möchte ich Tina selbst die Bühne überlassen, um über ihre Leidenschaft, den Bodensee, das Wandern, das Bloggen, das Fotografieren und über ihre Pläne erzählen zu lassen: Willkommen!


Tunnelblick Tina

Tina Müller

Liebe Tina, bitte stelle Dich kurz vor: wer bist Du im Alltag, woher kommst Du, was machst Du?

Hallo ihr Lieben, da bin ich und ich heiße Tina Müller. Ich lebe derzeit in Kreis Bodensee / Konstanz. Genauer gesagt wohne ich in der Nähe von Singen. Ursprünglich komme ich aus Norddeutschland / Schleswig – Holstein. Ich kann mich noch genau erinnern: Nach meiner Abschlussprüfung zur Zahntechnikerin stand ich ganz früh morgens vor diesem wunderschönen Bodensee – das Schwäbische Meer. Damals hatte ich die Wahl gehabt, entweder zurück nach Norddeutschland zu gehen, in Nürnberg zu bleiben oder doch den Sprung in den Süden wagen. So wagte ich diesen Sprung nach Konstanz. Aufgrund meiner unheilbaren Augenerkrankung machte ich in Konstanz eine Umschulung zur Masseurin med. Bademeisterin. In der Zeit habe ich geheiratet und wurde irgendwann zweifache Mutter. Nach 5 Jahren Erziehungsurlaub erfüllte ich mir meinen nächsten Traum und arbeitete 2 Jahre lang als freiberufliche Künstlerin. Seit der Ehetrennung lebe ich im Raum Singen. Dort erlernte ich ein paar Unterrichtsstunden, wie ich mich am besten mit einem Blindenstock fortbewegen kann. Seitdem pendel ich mit meinem Blindenstock durch die Gegend. Ich bin einfach nicht mehr zu überhören und zu übersehen und falle besonders auf, wenn ich zusätzlich eine Kamera um den Hals trage….

Wann und warum entstand bei Dir damals der Wunsch, den Bodensee wandernd zu umrunden?

Eigentlich wollte ich während der Ehe gerne mehr gemeinsam unternehmen, aber dazu kam es viel zu selten. Erst nach der Trennung lernte ich, durch einen Freund aus Österreich, diesen Bodensee besser kennen. Wir machten immer wieder gemeinsame Ausflüge und ich habe leidenschaftlich gerne fotografiert. Nach jedem Ausflug habe ich meine Fotos bearbeitet. Irgendwann beendete ich diese langjährige Fernbeziehung und dann war es vorbei mit den Ausflügen. Nach einigen Jahren lernte ich durch Facebook jemanden kennen, der laut Arztverordnung täglich 15 Minuten um die Häuser laufen musste. Ich war so begeistert und wir gingen zügig um die Häuser. Irgendwann wollte er nicht mehr. Und? Was passierte? Ich ging alleine raus. Meine Strecken wurden immer länger und irgendwann wurden aus einer Stunde, zwei bis drei Stunden. Es tat so gut, raus zu gehen, sich zu bewegen, zu sehen, zu wandern und zu fotografieren. Eines Tages erfuhr ich, dass jemand taubblind um diesen Bodensee wanderte. Nur so kam es, dass ich unbedingt diesen Traum hatte, einmal um den Bodensee zu wandern. habe einen kleinen Sehrest den man sich so vorstellen kann: Man nehme 2 Klopapier-Rollen und schaue da durch. So ungefähr laufe ich mit meinem Blindenstock durch die Gegend. Während meiner Wanderungen musste ich ziemlich oft meinen Blindenstock hochhalten, da es viel zu mühsam war zu pendeln – wegen der Kies- und Sandwege. Ist halt mein Risiko, aber so können meine Mitmenschen erkennen, dass ich schlecht sehen kann. Ich glaube, ich bin die einzige mit Usher Syndrom betroffene Frau, die ganz alleine um diesen Bodensee wanderte.

Bodensee Wanderkarte Rundwanderung

270 km um den Bodensee

Wie hast Du den Bodensee damals umrundet und was treibt Dich an, es wieder zu tun? Würdest Du es wieder genauso umsetzen oder etwas ändern?

Ja, ich wanderte einfach drauf los. Ok, ich musste mich schon etwas vorbereiten und planen. Doch während meiner Wanderung erzählten einige Mitmenschen, wie gefährlich wandern sein könnte. Viele Radfahrer würden einfach zu schnell fahren oder können ziemlich rücksichtslos sein. Das schnürte mir schon den Magen zu. Aber wisst ihr was? Ich änderte meine Strategie und fuhr so früh wie möglich mit dem Zug los. So wanderte ich von einem Bahnhof bis zum nächsten Bahnhof und fuhr anschließend mit dem Zug wieder nach Hause. Meistens wanderte ich zwischen 6-22 km pro Etappe. Früh morgens war es immer stockdunkel – da musste ich immer mit meiner Taschenlampe raus gehen. Im Dunkeln kann ich kaum etwas erkennen und bin auch noch Nachtblind. Insgesamt 20 Etappen habe ich gebraucht, bis ich es fast einmal um den Bodensee schaffte. Wer alles genau wissen möchte, findet alles auf meiner Homepage ➤ https://tunnelblick-tina.wixsite.com/tina.

Ich muss ehrlich sagen, bisher hatte immer so super geklappt. Ich konnte mich nicht groß verlaufen, weil der Bodensee immer auf der einen Seite lag. Außerdem fragte ich einfach meine Mitmenschen, ob ich auf dem richtigen Weg war. Ok, vor jeder Wanderung suchte ich mir eine Strecke in Google Map aus, markierte meine Wanderstrecke und druckte sie aus.

Collage Bodenseebilder

Fotografieren gehört zu Tinas Leidenschaft

Lach, dafür habe ich ganz schön viel Papier verschwenden müssen. Anschließend schaute ich in Google Earth, wie diese Strecke von oben aussieht. Nur so konnte ich mich etwas virtuell vorbereiten. Und jedesmal kam ich überglücklich und zufrieden nach Hause. So zeige ich laufend meine Wanderungen in Facebook und Google. Nur so kann ich meine Erinnerungen festhalten und jeder darf meine Wanderung virtuell verfolgen. Für mich ist Wandern wie eine Medizin, ein Lebenselixier.

Ich möchte zeigen, dass fast jeder wandern kann und im Leben etwas erreichen kann. Mein Leben hat sich sehr verändert, seit ich Bodenseewanderin bin….

Wie viel Zeit gibst Du Dir mit der Umrundung und wie bereitest Du Dich darauf vor?

Es hängt vom Wetter ab, sowie meinem Befinden und ob ich Zeit habe. Jetzt, wo ich einmal um den Bodensee gewandert bin, muss ich mich nicht mehr groß vorbereiten. Ich brauche nur vor der Abfahrt alle Zug-, Bus-, Schiffsverbindungen zu überprüfen und notiere alles auf einem Blatt Papier. Hi, da bin ich halt etwas altmodisch. Was ist wenn mein Handy mal runterfällt, kaputt geht, sowie mein Akku ausgeht, dann hab ich wenigsten auf meinem Papier alles drauf stehen. So wandere ich ohne Internet. Bis jetzt hat wirklich alles wunderbar geklappt und der Bodensee ist irgendwie mein Zuhause. Ich werde so oft wandern, bis ich irgendwann alle Wege in und auswendig kenne. Ja, das ist mein nächstes Ziel, nämlich ohne Wandermappe zu wandern.

Vorbereitung Bodenseeumrundung

Das nimmt Tina zur Bodenseeumrundung mit: Karte, Rucksack, Blindenstock

Du bist auch im Netz vertreten mit tollen Bildern von Deinen Reisen und einem Blog. Was bedeutet das Fotografieren für Dich und wo finden wir Dich überall?

Oh ja, ich bin hauptsächlich in Facebook vertreten und zeige unter TunnelBlick Tina meine virtuelle Wanderungen, sowie meine Ausflüge. Unter TunnelBlick Tina Fotografie 1 und Fotografie 2 zeige ich auch laufend Fotos. Wer über meine Wanderungen erfahren möchte, muss schon auf meine Homepage anschauen. Es reicht vollkommen aus, wenn man einmal im Monat meine Homepage besucht. Wer in Facebook ein Profil hat, kann laufend meine Wanderungen verfolgen. Im Winter bin ich halt weniger unterwegs, aber dafür bereite ich mich gedanklich einfach auf meine nächste Wanderungen vor. Nun freue ich mich, wenn die Tage wieder länger werden. Bodensee verbindet so Vieles und es gibt so Vieles zu entdecken. Da ich über 270 km gewandert bin, fehlen mir trotzdem ca. 40 km. Nicht vergessen, ich wanderte zusätzlich um die Mettnau Halbinsel, Reichenau, die Inseln Mainau Lindau. Es gibt immer wieder Menschen, die sich über meine Fotos freuen und mir schreiben…. Das ist alles und mehr nicht.

Konstanz am BodenseeBodensee Leuchtturm


Hab vielen herzlichen Dank für Deine Einblicke, liebe Tina! Ich finde Deinen starken Willen, sich seinen Lebenstraum zu erfüllen, richtig klasse. Ich freue mich sehr, dass Du uns von Deinem Abenteuer erzähltest <3

Alle Seiten von Tina hier nochmal im Überblick

Habt Ihr auch noch Fragen an Tina? Dann stellt Ihr sie ihr in den Kommentaren! Alle Abenteuer & Geschichten findet Ihr übrigens hier.

270 km um den Bodensee wandern

6 Kommentare
  1. 26. Januar 2018
    • 28. Januar 2018
  2. 29. Januar 2018
  3. 30. Januar 2018
    • 31. Januar 2018
    • 31. Januar 2018

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