Da stehe ich am Hang und schaue in die Wolken. Warmer Wind bläst mir in die Haare und streicht dabei sanft über das Gesicht. Ich schließe die Augen und spüre ihn nun auch zwischen meinen Fingern. Mein Geruchssinn erwacht und kitzelt die Nase: Wilder Lavendel, Rosmarin, Thymian und Pinienduft umhüllen mich und meinen neben mir liegenden Gleitschirm. Also habe ich vorhin in der Luft doch nicht geträumt: der Duft des Windes, es gibt ihn wirklich – und ich stehe mittendrin.
Hast Du jemals die Provence gesehen? Diese Farben? Dieses Licht? Hast Du jemals den Zauber verspürt, wenn der Nebel sich verzogen hat und die Sonne die Berge anstrahlt, als wären sie Hauptdarsteller auf einer Naturbühne? Und hast Du jemals die Augen verschlossen und diesen Geruch wahrgenommen? Er hängt überall und verleiht dieser Region ihre Einzigartigkeit.
Die Ankunft
Beitragsinhalt
- Die Ankunft
- Erster Tag: Die Entdeckung der Langsamkeit
- Zweiter Tag: Es liegt Perfum in der Luft
- Dritter Tag: Radtour an der Cote d´Azure
- Vierter Tag: Besuch der Wasserfälle Sauf du Loup
- Fünfter Tag: auf den Hund gekommen
- Sechster Tag: ein letzter Flugtag – nicht ohne Probleme
- Fazit: Mein Outdoor-Check Südfrankreich
Wir sind zu spät. Müde und steif lenken wir unseren VW Bus in die Einfahrt unseres Mobilheim-Anbieters Homair in Cagnes-sur-Mer und stehen nun vor diesem großen Gittertor. Zum dritten Mal höre ich meine Mailbox ab, worauf mir eine freundliche Dame auf englisch mit französischem Akzent einen Code durchgab und auch sonst weitere Instruktionen für das Checkin nach Feierabend. Und es ist weit nach Feierabend. Es verläuft unproblematisch: Das Tor öffnet sich langsam und lässt uns gewähren. In der Rezeption sitzt niemand, das sehen wir vom Bus aus. Erst mal aussteigen und umschauen – vielleicht hängt irgendwo ein Hinweis auf unsere kleine Camping-Villa und wie wir dort hin kommen. Tatsächlich, wir haben Glück: in nicht zu übersehender Form hängen an der Rezeptionstür alle benötigten Infos: Code für die Schranke, Nummer des Häuschens und eine Wegbeschreibung. Einen Parkplatz finden wir auch gleich direkt vor unserer Veranda und beeilen uns, das Nötigste zum Schlafen reinzuholen. Die Betten sind schnell gemacht und, noch bevor der Kopf das Kissen berührt, fallen wir auch schon in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Lesetipp: Frankreich von oben: Gleitschirmfliegen in den Vogesen
Erster Tag: Die Entdeckung der Langsamkeit
Noch etwas verschlafen wache ich zuerst auf und gehe in die Küche unseres Mobilheims. Eine Kaffeemaschine steht bereit und ich beschließe, später richtigen Kaffeepulver zu organisieren. Vorerst muss es der lösliche Kaffee sein, für den ich auf dem Gasherd schnell Wasser zum kochen bringe. Morgens muss das sein, auch im Urlaub. Kennst Du, oder? 🙂
Es ist schon einige Jahre her, als wir das letzte Mal nach Gourdon fuhren. Frisch verliebt waren wir damals, auch hatte ich meinen Pilotenschein noch nicht. Ich sehe mich noch heute im Liegegurtzeug meiner besseren Hälfte sitzen, um das Gefühl mal „auszuprobieren“, wie er damals sagte. Ein Jahr später war es dann so weit: dann flog ich von derselben Stelle ab.
Der Wind ist frisch als wir am Startplatz stehen und wir sind weitestgehend alleine. Kein gutes Zeichen für Nicht-Einheimische Piloten wie wir, denn zumeist bedeutet dies: kein Flugwetter. Doch aus irgendeinem Grund macht es uns diesmal nichts aus und wir genießen die Ruhe hier oben und das Licht. Jenes ist besonders schön, als Gewitterwolken von hinten aufziehen – begleitet von einem dunklen Donnergrollen. Hier werden wir heute sicherlich nicht fliegen. Ich setze mich, lasse die felsige Landschaft auf mich wirken und merke, wie ich so langsam ankomme.
Zweiter Tag: Es liegt Perfum in der Luft
Lange schlafe ich heute nicht an diesem Morgen und stehe früh in der Küche für den Kaffee. Nach unserem Ausflug zum Startplatz bei Gourdon hatten wir auf dem Rückweg noch ein paar Lebensmittel eingekauft, darunter richtigen Kaffee und Kaffeefilter für die Maschine. Während dieser tröpfchenweises durch die Maschine läuft, frühstücke ich die kalte Pizza: noch ein Überbleibsel unseres gestrigen Abendessens, das ziemlich lecker war und eben reichhaltig. Und wer sich nun ekelt: ja, kalte Pizza am Morgen ist eine meiner Schwächen 😀
Die Gleitschirme sind gepackt und wir setzen uns in unser Fahrzeug. Gourdon soll es heute wieder sein, diesmal sind die Prognosen besser und tatsächlich: Als wir oben ankommen stehen schon andere Piloten am Startplatz und beobachten das Wetter. Noch ist der Wind zu stark, und nur die mutigen unter ihnen wagen den Start. Wind-Dummies nennen wir diese Experten, nicht ganz undankbar darüber, weil wir dadurch die Bedingungen in der Luft noch besser einschätzen können.
Und dann geht es endlich los: als die Bedingungen passten, startete dann auch ich.
Dritter Tag: Radtour an der Cote d´Azure
Zum Fliegen wird es heute aufgrund des Wetters leider nicht gehen, doch die Möglichkeiten an Outdoor-Aktivitäten sind hier schlichtweg fast unendlich. Praktisch ist, dass unser Mobil-Heim-Host auch Fahrräder vermietet und das zudem zu einem akzeptablen Preis. Wir brauchen nur für mich eins, ein zweites Rad haben wir nämlich noch im Gepäck. Pünktlich um 9 Uhr kann ich es holen, sogar einen Helm kriege ich gestellt. Perfekt! 🙂
Der Plan ist so einfach: Wir fahren die ganze Zeit an der Küste entlang. Die Wege führen uns teilweise an der Promenade entlang, doch auch ein paar Hügel müssen wir erklimmen. Die Aussicht entlohnt uns dabei für alle Mühen: dieses Azurblau des Meeres ist einfach unglaublich! Gerne würde ich noch öfter für ein Foto gehalten, doch dann müssten wir auf Kilometer verzichten. Erzähl das mal einem Rennradfahrer, den ich ja im Schlepptau habe – oder ist es umgekehrt? Wer weißt das schon so recht 😉
Vierter Tag: Besuch der Wasserfälle Sauf du Loup
Es gibt auch Dinge, von denen sollte man nicht zu viel erwarten. Dennoch: da wir gerade sowieso in der Nähe sind, möchte ich die Wasserfälle bei Sauf du Loup sehen. Auf einigen Prospekten werden diese angepriesen und ja, ich mag Wasserfälle sehr. Ein Euro kostet der Eintritt, was nicht viel ist – aber… Na, einen größeren Wasserfall gibt es da ja auch. Und ein paar kleinere, die, je nach Blickrichtung, sicher hübsch aussehen. Nach 10 Minuten ist dem Anblick aber dann auch genüge getan.
Fünfter Tag: auf den Hund gekommen
Neuer Tag, neues Glück: Wir machen uns wieder mit Sack und Pack nach Cavillore, dem Startplatz bei Gourdon. Als wir von der Straße scharf links in den Schotterweg fahren, registriere ich einen Mann und einen Hund auf der rechten Seite, schenke ihnen aber wenig Beachtung. Ein paar Meter weiter stellen wir den Bus ab und studieren die Windverhältnisse. Als ich kurze Zeit alleine so da stehe, kommt der Hund von eben auf mich zugelaufen. Sehr zutraulich und sehr klapprig. „Wo kommst Du denn her?“
Da nirgends ein Herrchen oder Frauchen ausfindig zu machen ist, versuchen wir Kontakt zum Besitzer aufzunehmen, über die Nummer am Halsband der Hündin. Und tatsächlich: nach kurzer Zeit kommt die Rückmeldung, dass sie immer frei hier herum läuft und schon alleine nach Hause findet, das auch gar nicht so weit weg von dem Parkplatz ist. Gut. Also kein entlaufenes Wesen, nur eine verschmuste Spaziergängerin.
Sechster Tag: ein letzter Flugtag – nicht ohne Probleme
Unser letzter Tag in Cagnes-sur-Mer bricht an und wir müssen uns sputen: Um kurz nach zehn haben wir die Übergabe unserer Camping-Villa und wollen dann gleich weiter nach Gourdon. Doch zunächst heißt es: Koffer packen, aufräumen und alles so sauber hinterlassen, wie wir es vorgefunden haben. Die Übergabe klappt problemlos und kurzerhand später fahren wir den gewohnten Weg hoch nach Gourdon. Als wir am Startplatz ankommen, stehen dort schon einige Piloten und machen sich startklar. So auch wir. Wie die letzten beiden Tage, so ist auch heute die Sicht atemberaubend: Wir können das Meer sehr klar erkennen, außerdem links von uns Nizza und etwas weiter rechts, Cannes. Dies von hier oben zu betrachten, ist so oft leider nicht möglich – das Glück ist auf unserer Seite 🙂
Nun mache auch ich mich startklar und hebe ab. Endlich! Die Wolken laden zum Spielen ein, es geht mal hier und dahin – ich kann mich kaum satt sehen an dem Ausblick. Doch dann patze ich und verliere immer wieder mal den Bart, in dem ich stecke. So geht es leider runter, bis ich den Anschluss gar nicht mehr packe und landen gehe. Mist!
Doch als der Gleitschirm im Packsack verschwindet, fasse ich den Entschluss: das probiere ich gleich nochmal. Ich muss es nur noch rechtzeitig auf den Startplatz schaffen, was ob der schlechten Logistik hier, sehr schwierig wird. Es bleibt mir nichts übrig: es wird getrampt. Drei Autos später hält dann wirklich ein sehr nette Franzose und nimmt mich mit samt meiner Ausrüstung mit. Zwar haben mir die 5 Jahre Frankreich kein C2-Zertifikat in Französisch eingebracht, doch wir unterhalten uns trotzdem sehr nett. Trampen kann wirklich klasse sein 🙂
Ich schaffe es wirklich rechtzeitig auf den Startplatz und packe gleich nach der Ankunft mein Material aus. Meine bessere Hälfte ist am Startplatz eingelandet und steht überraschenderweise bei mir. Trotzdem: ich will da jetzt raus und fliegen 🙂 Wenige Minuten später, tue ich dann auch genau das.
Doch plötzlich sehe ich, wie immer mehr Piloten bei ihren Schirmen die Ohren anlegen und ihn somit kleiner machen mit dem Ziel, schneller runter zu kommen. Auch das Fliegen wird in der höheren Schicht schwierig: der starke Wind ist so stark, dass ich rückwärts fliege. Kurze Zeit später meldet sich meine Funke: Der Wind hat an der Küste stark zugenommen und es sei besser, langsam landen zu gehen. Das ist es also. Der Blick nach unten zeigt den Landeplatz, den ich schon nach meinem ersten Flug ansteuerte. Das wird diesmal sicher etwas schwieriger – und ich behalte recht: Der zunehmende Wind wirbelt die Luft kurz vor dem Boden ordentlich auf, thermische Ablösungen fordern gezielte Reaktionen, damit der Schirm offen bleibt und in die Richtung fliegt, in die ICH will. Ich setze sehr sanft auf. Klappt. Wunderbar 🙂
Lesetipp: Über den Wolken – mein 1. Streckenflug am Lac d´Annecy
Fazit: Mein Outdoor-Check Südfrankreich
Eine Woche Südfrankreich ist für die Vielfalt an Outdoor-Aktivitäten natürlich viel zu kurz. Ich hatte einige Canyonisten gesehen und erfahren, dass das Gebiet rund um Grasse und Gourdon eins der beliebtesten Ziele für das „Schluchtenwandern“ sei. Mountainbike Touren lassen sich außerdem fabelhaft in den Bergen auf den Schotterpfaden unternehmen, Rennrad dafür auf den Straßen – es ist ein Mekka dafür. Paragliding, Sightseeing, Rafting, Tauchen – mein nächster Besuch dort wird ganz sicher noch ein paar To-Do´s mehr auf der Liste haben. Muss ja, oder? 🙂
Offenlegung: Von Homair wurden wir für eine Woche nach Cagnes-sur-Mer eingeladen. Vielen Dank dafür! Meine Meinung bleibt davon unberührt, denn schließlich lebt der Blog von authentischer Berichterstattung.
Hallo Bianca,
hab schon lange nix mehr bezüglich Gleitschirmfliegen von dir gelesen.
Viele Grüße
Markus
Hi Markus, ich komme auch schon lange nicht mehr zum Fliegen. Der letzte Urlaub ist leider voll ins Wasser gefallen. Mal sehen, wann es mal wieder in die Luft geht ?