Mitten in Schottland liegt ein sagenumwobener See: Loch Ness. Seit Urzeiten soll hier ein Monster hausen; schon über tausend Mal wurde es gesehen – allein in den letzten 100 Jahren. Dass in den Tiefen von Loch Ness ein Monster lebt behaupten die Menschen schon seit über 1.500 Jahren. Die Einheimischen nennen es liebevoll Nessie und jene, die nicht von diesem Mythos lassen können, sagt man nach, sie haben das Nessiefieber. Das erste Mal tauch das Monster von Loch Ness im Jahr 565 Jahrhundert auf: Der irische Missionar Columban von Iona rettete angeblich einen Mann aus seinen Fängen als er dem wilden Tier befahl:
‚Nicht mehr weiter! Berühre ihn nicht! Zieh dich sofort zurück!‘ Als das Tier die Worte des Heiligen hörte, floh es vor Angst, als ob es von Seilen von dort weggezogen würde, obwohl es nur eine kurze Entfernung vom Mann weg gewesen war.“ (Quelle: Wikipedia)
In den folgenden Jahrhunderten erzählen immer mehr Zeugen von einer großen, rätselhaften Kreatur. Doch lebt das Monster wirklich dort? Die Einheimischen sagen: Ja. Doch Beweise fehlen. Im August bin ich mit einem Expeditionsteam nach Inverness geflogen und habe mich auf die Suche gemacht.
Wir sind bereit zur Nessie-Jagd
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Die Crew versammelt sich am Clansman Harbour am Loch Ness. Wir wagen uns heute auf das Loch, um dem Monster auf die Spur zu kommen. Das Wetter spielt dabei so gar nicht mit: strahlender Sonnenschein und Schäfchenwolken verderben jede mystische Entdeckerstimmung, die man auf einer solchen Expedition erwartet. Doch was will man machen: das schottische Wetter ist eben unberechenbar.
Lesetipp: Mountain Biking am Loch Ness: Ein unerwartetes Abenteuer in Schottland
Wir sind technisch gut ausgestattet: mindestens zwei Kameras nennt jedes Expeditionsmitglied sein eigen. Dazu unterschiedliche Objektive, auch eine Unterwasserkamera ist darunter. Ich ziehe meine Regenjacke an – sicher ist sicher, denn ich erwarte erhöhtes Windaufkommen und vielleicht doch noch den ein oder anderen Schauer, wenn das Expeditionsboot bald einläuft und wir mit wachen Augen auf den Weiten des Lochs blicken..
Der erste Blick über Loch Ness
Die Jacobite Cruise legt an und lässt uns an Bord. Sie sieht Nessie so gar nicht ähnlich, wenngleich sie bereits schon mit dem Ungeheuer verwechselt wurde. Wobei: selbst das ist nicht sicher. Die Menschen sind manchmal wirklich verrückt, wenn es um ihr Monster geht. Immerhin schickt Jacobite bereits über 100.000 Menschen jährlich über das Loch und das seit 1973. Immer mal wieder wird Nessie auch gesichtet, doch müssen die Menschen vor Schreck nie ihre Kameras zur Hand gehabt haben; oder zu schlechte. Das machen wir heute definitiv besser. Ich gehe gleich die Stufen hoch, um mir einen geeigneten Aussichtspunkt an Deck zu ergattern. Die Maschinen springen an und langsam bewegt sich unser weißes Schiff auf das schwarze Loch hinaus, unserem Abenteuer entgegen (hier jetzt bitte mystische Musik vorstellen).
Schnell erreichen wir Endgeschwindigkeit, was nicht unbedingt schnell ist. Doch optimal für einen ersten Eindruck des durch Gletscher und Eis entstandenen Sees. Ruhig fährt das Schiff auf dem schwarzen Wasser, vorbei an Eichen, Eschen, Ebereschen, Haselnuss und Kiefern. Bis zum Ziel an die berühmte Ruine Urqhart Castle sind es rund 30 Minuten. Nessie sichteten wir nicht, dafür aber schottische Geschichte.
Unkonventionelle Monsterjagt mit dem Walk on Water (WoW) Ball
Es half alles nicht: Nessie konnten wir nicht sichten, trotz dass wir uns auf dem Schiff strategisch gut aufteilten. Doch wir wären kein Team, wenn der nächste Plan nicht schon feststünde: jetzt geben wir alles und suchen in jeder Himmelsrichtung: Oben und an allen Seiten – und nun auch mit Sicht unter die Wasseroberfläche.
Möglich wird das mit WOW Bällen, die uns von unseren Expeditionspartnern Boots N Paddles zur Verfügung gestellt werden. Finde ich sehr nett, zudem sie uns vorher schon mit dieser atemberaubenden und voller Überraschung steckenden Mountainbiktour bis auf über 300 Höhenmetern brachten, um Loch Ness über die gesamte Weite von 27 km und Breite von 1,5 km beobachten zu können. Ich krieche in einen solchen Ball, der auch unter Zorbing einen Namen hat, und unser Expeditionshelfer Dan befüllt ihn von Außen mit Luft. Dabei macht er einen Riesenkrach, der ohne den Schutz meiner Hände auf den Ohren, wohl nicht auszuhalten wäre. Doch was hilft´s: schließlich sind wir hier im wichtigen Auftrag!
Es dauert nicht lange und ich rolle sanft ins schwarze Nass des Lochs. Darin zu stehen ist nun mühsam: ich drehe mich und falle regelmäßig auf die Knie und den Rücken. Hamsterrad trifft diese Form der Durchführung wohl gut, wenngleich die Form ein Hamsterball ist und damit dreidimensional in der Bewegung ist. Doch auch, wenn man durch das Material des Balls in den See hineinblicken kann, die Sicht ist nicht sonderlich gut unter Wasser. Vermutlich liegt es am außergewöhnlich steilem Ufer: Nur 13,6 % der Seefläche ist das Wasser flacher als 30 Meter. Wir sehen ein, dass die Chance, beim Zorging Nessie zu entdecken, leider nicht allzu hoch ist. Dafür hat es aber mächtig viel Spaß gemacht!
Mit dem Kanu dem Ungeheuer auf den Pelz
Englische Kapitäne sollen Kanus im 16. bis 17. Jahrhundert nach Europa gebracht haben und wurden dann Ende des 18. Jahrhunderts auch in Deutschland bekannt. Der Schotte John Mac Gregor trug mit seiner Veröffentlichung 1866 erst recht zur Popularität des damaligen neuen Sports bei und so liegt es nahe, dass auch wir Nessies Suche in diesen offenen drei-sitzer-Booten fortsetzen wollen. Ich gestehe, nicht ohne eine gewisse Freude, denn was gibt es Schöneres als Kanuwanderungen oder auch mal eine spritzige Wildwasserfahrt mit dem Kajak? Also ab nach Fort Augustus zum Inveroich Pier, denn dort beginnt unsere dritte Jagd nach Nessie.
Etwas wackelig gestaltet sich der Einstieg vom Bootsanlegeplatz. Das Team von Boots N Paddles haben uns die Expeditionskanus zur Verfügung gestellt, womit wir nun im Kanal vor Loch Ness paddeln. Alles läuft nach Plan, keiner wird beim Einstieg nass. Im verteilen Team von 2x2x3 Personen legen wir ab und paddeln langsam den Kanal entlang. Ja, den Kanal – denn wer sagt denn, dass Nessie nur im Loch bleibt? Übrigens gibt es auch keine Beweise dafür, dass Nessie nur tagsüber zu sehen ist – doch für Nachtexpeditionen waren wir nicht genügend ausgerüstet. Ich ahnt es vielleicht: auch diesmal hatten wir kein Glück. Mist!
Mit 60 Sachen über´s Loch
Wir müssen auf etwas Schnelleres für unseren Plan umsteigen, so finden wir Nessie nie. Zwei Booten mussten wir auf der Kanutour ausweichen, das raubte uns Kraft und Zeit. Unser neuestes Vorhaben lässt unsere Abenteurerherzen höher schlagen und uns die Hände aneinanderreiben: Mit dem RIB (Power) Boot werden wir dem Ungeheuer ungeheuerlich nah kommen, denn Nessie mag schnell sein, doch wir sind schneller! Fröhlich-grinsend und schon in unserer Erfolgsfeier schwelgend stattet uns das Team von Cruise Loch Ness mit Windanzügen und Sturmbrillen aus. Gazellenartig stürmen wir das orangefarbene Schlauchboot im Hafen von Fort Augustus und setzen uns. Noch ein paar kurze Sicherheitsanweisungen unseres Käptens, und wir halten uns vorsichtshalber alle an den vorderen Stangen fest. Bislang ist zwar noch nie jemand von Bord gegangen aber man weiß ja nie… Und dann: AB GEHT`S!! Der Motor springt an und mein Herz scheint seinem Rattern nacheifern zu wollen. Zunächst tuckern wir noch vorsichtig aus dem Hafen heraus und… geben dann RICHTIG Gas! Juhuuuuhh!!! Das Boot türmt sich vorne vom Wind auf, so schnell sind wir. In Zeitraffer düsen wir das Loch entlang, natürlich noch immer mit wachen Augen, ob da nicht Nessie gleich auftaucht. Die Kameras zu halten ist bei der Geschwindigkeit nicht so leicht, doch wir sind Profis und unerschrocken… YEAH! Auf der Fahrt überblicken wir Loch Ness über lange Zeit, doch – oh nein! – nichts bewegt sich über dem schwarzen Wasser… Bis wir schließlich am Urqhart Castle ankommen. So eine Enttäuschung. Dabei war alles so gut durchdacht…
Ein wenig Später
Ich muss allein sein. Meine Enttäuschung, Nessie nun doch nicht begegnet zu sein, trifft. Wie kann ich nur Schottland verlassen, ohne ein klitzekleines Foto? Vermögen Kritiker doch recht haben und es gibt Nessie letztendlich nicht? Ich kann das nicht glauben – ich WILL das nicht glauben! Ich schlendere ans Ufer und blicke lange über den See. Melancholie. Noch ein letztes Foto; eine letzte Erinnerung. Dann wird es Zeit zu gehen. Für immer.
Zuhause: Ich traue meinen Augen kaum: das letzte Bild vom Loch Ness… dort am Ufer… Ich zoome heran. Es ist ungenau, verzerrt. Doch da ist klar ein Umriss des Monsters zu sehen. Kann es sein, dass es die ganze Zeit vor mir war und ich es nicht sah? Kann es sein, dass es mich darauf angrinst und mir einen letzten Gruß auf den Heimweg mitgab? Wie konnte ich nur das Ungeheuer von Loch Ness übersehen? Nach all den Abenteuer unserer Expedition, muss ich davon ausgehen, nun doch ein Foto von Nessie geschossen zu haben… Staunend lehne ich mich vor, mache die Augen kleiner und fokussiere das Bild. Es wird doch niemand leugnen, dass das Nessie ist. Oder? ODER??
Expeditionsberichte aus unserem Team
Eva schrieb bei Hidden Gem einen sehr amüsanten Beitrag zu: Von Schotten und Bayern
Antje von Jo Igele weiß auch über die sportlichen Highlights im Outdoorparadies Schottland zu berichten.
Offenlegung: VisitBritain hatte mich vom 29. bis 31. August 2016 nach Schottland eingeladen und die Touren organisiert. Meine Meinung bleibt davon selbstverständlich unberührt, schließlich lebt lebedraussen! von Eurem Vertrauen.
Toller Artikel! Total unterhaltsam geschrieben, ich sehe mich schon selbst auf Nessie-Jagd gehen 🙂 Da hast du ja wirklich nichts unversucht gelassen! Und klar war das ein Abschiedsgruß von Nessie, nicht zu leugnen! 😉
Vielen Dank für das Kompliment zum Beitrag, Kathrin – und ich freue mich sehr, dass wir da einer Meinung sind! 😉