Es ist soweit: nun mit großem Gepäck, also Zelt. Draußen ist es noch Dunkel, als ich mir den Rucksack auf den Rücken schnalle. Ich möchte die Dämmerung nutzen, um noch vor der Mittagssonne in Portela zu sein und somit die meisten Höhenmeter hinter mich zu haben. Etappenziel ist Riveiro Frio.
Es herrscht Hitze- und Feuerwarnung auf Madeira, deshalb klingelt der Wecker nicht umsonst schon um 5 Uhr. Das Frühstück im Hotel lasse ich mit Ablegen meines Zimmerschlüssels sausen und gehe los. Das Meeresrauschen an der Seite hörend, nutze ich beim Aufstieg das Licht meiner Stirnlampe und später die des Dorfes Porto da Cruz. Hunde bellen in der Ferne, sogar ein Hahn kräht. Ob Hähne denken, dass sie die Macht haben, die Sonne zu rufen? Fragen, die mich beschäftigen. Der Anstieg ist taff, das Training die letzten Monate zahlt sich aus. Ich laufe einfach.
Die Dämmerung bricht schließlich herein und ich tausche Stirnlampe mit Buff. Das warme Licht umschmeichelt den Berg neben mir. Immer wieder muss ich zum Meer hinunter sehen, so wunderschön ist es. Es wird gefühlt immer steiler und ob mein Weg nach Portela funktioniert, weiß ich erst, wenn ich dort bin. Doch es funktioniert. Gute zwei Stunden später erreiche ich Portela und lasse geschätzt 4 km und 800 Hhm hinter mir.
„Und nun muss ich nur noch die restlichen 11 km wuppen.“ denke ich mir und ziehe nach einer kurzen Pause weiter. Es geht der PR10 von hier zum Riveiro Frio, meinem Etappenziel für heute. Entlang der Levada gehts wieder ordentlich hoch und flacht später etwas ab. Aber eben nur etwas. Der Anstrengung entgegen halten die Blumen, die bunt und wild entlang der Levada blühen.
Wie unfassbar dankbar ich für das alles hier bin. Dieser Gedanke erfasst mich hier und später noch viel öfter.
Und dann zeigt Madeira, was diese Wanderwege auch sind: schmal, steil und zugleich bezaubernd schön. Es bedarf meine volle Konzentration, nicht nicht dem Rucksack an den Felsen hängen zu bleiben und mich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Zum Glück ist alles gut gesichert, dennoch hab ich großen Respekt.
Die Levada schlängelt sich an besagten schmalen Pfaden durch den Fels und lässt mich immer mehr diese Insel lieben. Der ganze Wald duftet zudem und ich frage mich, was das ist. Bis mir klar wird, dass ich durch einen Lorbeerwald wandere und auf jene trockenen Blätter trete, die ich mir teuer für meine Würze in der Suppe kaufen muss.
Plötzlich überkommt mich eine unglaubliche Müdigkeit. Ich habe das Gefühl, mich sofort irgendwo hinlegen zu müssen und zu schlafen. Ich kann das Gefühl nicht so recht deuten, nutze aber einen schönen Platz am Wasser für ein Powernapp. Ein kleiner Vogel gesellt sich zu mir und kommt ungewöhnlich nah an mich dran.
Ich muss tatsächlich kurz eingeknickt sein, was tat das gut. Die restlichen Kilometer bis zum Ribeiro Frio ziehen sich auf breiteren Wegen hin, bis ich endlich mein Ziel erreiche. Ziemlich erschöpft und mit leichten Kopfschmerzen kehre ich ein und bestelle Nudeln und Salat. Netterweise kann ich noch vier Liter Wasser an der Bar auffüllen und gehe nun meinen Schlafplatz suchen. Doch wo ist der bloß? Ich frage den Kellner, der gerade draußen sitzt und Pause macht. Er wisse jedoch nichts von Trekking-Camps. Ich bedanke mich und gehe selbst suchen. Er folgt mir und möchte mir einen Platz zeigen, der sehr schön zum Zelten ist. Ich folge ihm. Der Platz ist wirklich schön, ich werde ihn mir mit einem Pärchen teilen. Doch ein weiterer Tipp, bringt mich dann wirklich zum Ziel: „wenn man nur diese Treppen hinauf ginge,“ so der Mann, gibt es einen Wasserfall mit Badestelle und nicht weit davon weg ein Platz, worauf gerade so ein Zelt passt. Das klingt wie ein 6er im Lotto und so überlegte ich nicht lange. Die erste Nacht im Zelt auf Madeira, schon wieder kann ich mein Glück kaum fassen.
Hallo Bianca,
Deine Blog über die Touren auf Madeira sind wirklich sehr inspirierend. Man möchte direkt seine Schuhe schnüren und loslaufen, um diese atemberaubende Natur zu erleben. Da hast du mich wirklich sehr neidisch gemacht😊
Du lebst das Abenteuer und hast es zu deinem Beruf gemacht. Das klingt nach Genuss am Leben.
Ganz liebe Grüße aus dem Pfälzer Wald 😎
Hallo Carsten,
danke für deine Zeilen 🙂 Der Genuss am Leben ist soooo wichtig, schließlich bleiben am Ende nur die guten Erinnerungen. Und hoffentlich nicht ein Gedanke, einen Traum nicht umgesetzt zu haben.
Wenn du jetzt einen Floh im Ohr hast und auch nach Madeira willst: hab viel Freude dort und unvergessliche Momente 🙂
Viele Grüße
Bianca